Komplexität von Elektro-Mobilität Ladepark-Projekten richtig einschätzen

Immer wieder postuliertes Ziel der deutschen Bundesregierung im Rahmen ihres Regierungsprogramms „Elektromobilität“ vom Mai 2011 ist bis 2020 eine Million und bis 2030 sechs Millionen Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen.

Bei dem dafür notwendigen Stromtankstellennetz mit leistungsfähigen Anschlüssen sieht das Experten Team unserer in 2015 formierten Business Practice „Digitalisierung (Industrie 4.0)“ große Lücken. Bereits eine einfache Hochrechnung1) zeigt auf: Den für 2020 geplanten 7.000 öffentlich zugänglichen Anschlüssen für schnelle Ladungen steht ein Bedarf von mindestens 16.500 Solcher gegenüber.

Einen wichtigen Beitrag zur Schließung dieser Versorgungslücke von rund 9.000 Ladepunkten wird aus unserer Sicht die Wirtschaft leisten. In vielen Einzelinitiativen testet man dort bereits in unterschiedlichsten Bereichen welchen Nutzen das zur Verfügung stellen von Ladepunkten haben kann.

In Bezug auf „Industrie 4.0“ sind Stromtankstellen mit leistungsfähigen Anschlüssen, in der Branche spricht man von Schnellladepunkten, ein Thema par Excellence. Denn bei einer solchen Schnelllade-Station mit häufig zwei 11kW oder 22kW Ladepunkten handelt es sich nicht allein um die einfache Verbindung zu einem 400 Volt Drehstrom-Anschluss. Soll ein solches System mittelfristig zukunftsfähig sein, und will man nicht gleich mit einer Fehlinvestition starten, gilt es von Anbeginn das für die geplanten Anwendungen richtige Konzept zu finden, so unsere Experten-Erfahrung aus der Arbeit mit diesem Thema.

Das beginnt bereits damit zu berücksichtigen, dass ohne Zulassung nach dem Energie-Wirtschafts-Gesetz (EnWG) kein „Stromverkauf“ erfolgen darf. Ohne eine entsprechende Lizenz können aus diesem Grund Ladestationen-Besitzer nur die Nutzung der hier zur Verfügung gestellten Ladeinrichtungen in Rechnung stellen. Schon mit der Abrechnung einer solchen Nutzung auf kWh-Basis läuft man deshalb bereits in Gefahr gegen geltendes Recht zu verstoßen.

Dann gilt es sicherzustellen, dass für Dritte zugängliche Ladesysteme sämtliche aktuellen und zukünftig vorgeschriebenen Sicherheitsvorschriften erfüllen. Denn die Verantwortung liegt hier in erster Linie beim Betreiber des Systems, unabhängig davon was seitens der Hardware-Hersteller garantiert wird.

Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl anderer wichtiger Kriterien, die es sich lohnt zu beachten. So zum Beispiel die Messbarkeit und Dokumentation des abgegebenen Energievolumens oder die Option für digitale Schnittstellen zu Online Anbindungen, z.B. für Cloudbasierte Steuerungs-, Abrechnungs- oder Zahlungssysteme. Selbst wenn noch keine Vermarktung des Ladeservice erfolgt, auch bei Gratis-Abgabe an Mitarbeiter sind Erfassungen und Bewertungen aufgrund der geldwerten Vorteils-Bestimmungen unumgänglich.
Zudem ist vorab sicherzustellen, dass seitens der Energieversorger ausreichend Strom zum Betrieb zukünftig geplanter Ladesysteme verfügbar ist. Selbst bei Begin mit nur einem Schnellladepunkt empfiehlt es sich die Option vorzuhalten Ladestationen mit einem intelligenten Ladestrommanagement-System nachzurüsten. Damit stellt man sicher, dass keine Überlastungen beim internen Stromverteilungsnetz entstehen und ineffiziente Energieabgaben mit teuren Stromspitzen vermieden werden.

Vorgenannte Aspekte machen deutlich, dass für einen Stromtankstellen-Betrieb unterschiedliche Bereiche zu berücksichtigen sind, die in der Regel auch nur durch voneinander unabhängig operierende Unternehmen geleistet werden.  In Eigenverantwortung gilt es dann für den zukünftigen Betreiber Hardware- und Stromlieferant sowie einen Back-End-Anbieter für die effiziente Einzelabrechnung von Ladevorgängen unter einen Hut zu bringen. Zudem muss ein Wartungs-/Reparatur-Service so mit eingebunden werden, dass der reibungslose Betrieb des Systems gewährleistet ist.
Aber auch „All-In-One“ Paket-Angebote für Stromtankstellenbetreiber gilt es gleichermaßen sorgsam dahingehend zu analysieren. Denn erfüllen solche Leistungspakte nicht alle aktuellen, wie auch zukünftig absehbaren Anforderungen zu auch noch mittelfristig akzeptablen Kosten, läuft man in Gefahr im späteren Betrieb unliebsame Kostenüberraschungen zu erleben.

Es lohnt sich deshalb schon bei einem Initial-Projekt über den temporären Einsatz von Spezialisten mit bereits vorhandener Expertise nachzudenken. Das rechnet sich auch. Denn aufgrund der hierbei von unseren Interim Managern eingebrachten Erfahrungen lassen sich Projektanlaufzeiten minimieren sowie von Anbeginn mögliche Projektrisiken reduzieren, weil die relevanten Anforderungen bekannt sind und bei der Umsetzung entsprechend mit ins Kalkül gezogen werden.

1)     Thomas Sauer, Koordinator unseres Experten-Teams, stellt für eine Modellrechnung folgende Überlegungen an:
Betrachtet man die Verbreitung von Schnell-Ladesystemen in Deutschland, berichtet Spiegelonline im Juli 2016 von gerade einmal 153 realisierten öffentlich zugänglichen, Ladepunkten mit AC 11kW oder AC 22kW oder eher noch selteneren DC Hochleistungssystemen mit 50 kW Leistung. Gegenüber den weiter verbreiteten 3.7kW Ladepunkten mit Ladezeiten von über acht Stunden, ermöglichen solche Schnell-Systeme vollständige Ladungen in eineinhalb bis maximal vier Stunden.

Gemäß dem Regierungsprogramm „Elektromobilität“ von 05.2011 sind 7.000 Schnell-Ladepunkte für 2020 geplant. Geht man davon aus, dass jede Schnell-Ladestation 2 Ladepunkte verfügbar hat, spricht man von höchsten 3.500 Standorten über ganz Deutschland verteilt.
Demgegenüber standen per Anfang 2016 beispielsweise 14.532 Mineralöl Tankstellen Standorte mit hier angenommenen jeweils 6 Treibstoff Zapfstellen (entspricht ca. 87.200 „Mineralöl-Ladepunkten“) gegenüber. Im Vergleich zu einem konventionellen Mineralöl-Tankvorgang von zirka 7 Minuten benötigt man je nach Fahrzeugbatteriekapazität und Leistungsfähigkeit eines AC-Schnelladesystems 1,5-4h (= Ø 165 Minuten Ladezeit / Fahrzeug), also mehr als das 23-fache konventioneller Tank-Zeit.  Überträgt man solche Annahmen im gleichen Verhältnis auf eine Bedarfsplanung für 1 Mio. Elektrofahrzeuge (entspricht dann Faktor 0,033 Ladepunkt/E-Fahrzeug) ergibt sich dann ein theoretischer Bedarf von mehr als 33.000 öffentlich zugänglichen Schnell-Ladepunkten bzw. ca. 16.500 Ladestationen im Sinne einer Stromtankstelle.

Über die Annahme, dass Besitzer von Wohneigentum private Ladepunkte installieren werden, lässt sich o.g. Bedarf nochmals um rund 50% reduzieren. Denn in Deutschland lebt 52,4 % der Bevölkerung in Wohneigentum nach (Quelle: eurostat Nov. 2015) und könnte mit in Eigeninitiative installierten Ladepunkten den Strombedarf ihrer Fahrzeuge weitgehend selbst decken.  Damit verbliebe dann mittelfristig und überschlägig immer noch ein Bedarf von mehr als 16.500 öffentlich zugänglichen Ladepunkten beziehungsweise 8.750 Stromtankstellen- an jeweils unterschiedlichen Standorten.

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